Georg Däumling und Karla Gagesch bringen BIM-Projekte zum Erfolg – als externe BIM Consultants klären Sie Projektteams über den Status Quo in Deutschland auf und begleiten diese bei der erfolgreichen Umsetzung von BIM-Projekten. Im Interview sprechen sie über die Vorteile von Building Information Modeling für die Projektsteuerung und das Controlling, BIM in der Anwendung und weitere Trends für die Bau- und Immobilienindustrie.
Was motiviert eure Kunden, sich mit dem Thema BIM auseinanderzusetzen?
GD: Zum einen gibt es diejenigen, die von sich aus eine Vorreiterrolle einnehmen. Diese bilden sich bewusst weiter und überdenken die Strukturen und Ihre Prozesse. Um vorbereitet zu sein, wenn in Zukunft ein Auftraggeber BIM fordert. Andere beauftragen uns als Unterstützung bei der Umsetzung ihres ersten BIM-Projekts. Wir begleiten in die Zukunft.
KG: Die Unternehmen, die sich bereits intensiv damit auseinandersetzen, sind sich ihrer Vorteile durch BIM bewusst. Ganz egal, ob BIM vom Bauherrn gefordert ist oder nicht. Es ist einfach eine enorme Arbeitserleichterung. Ich habe selbst 14 Jahre in der Planung mit CAD in 2D gezeichnet und geplant. Danach war ich sieben Jahre im Controlling in der Projektsteuerung tätig. Jetzt modelliere ich seit einem Jahr in 3D. Nie wieder würde ich 2D zeichnen! Auch das Controlling ist so deutlich effektiver. Durch eine übersichtliche Darstellung als auch eine Kollisionsprüfung im Modell gelingt es auf der Baustelle Kollisionen und Umbauten zu vermeiden und somit Termine und Kosten besser einzuhalten. Die Anzahl der Nachträge würde sich voraussichtlich verringern.
GD: Viele gehen fälschlicherweise an die Thematik immer noch mit dem Softwaregedanken heran, und denken BIM ist eine Modellierungssoftware oder ein anderes CAD-System. Es existieren immer noch viele Halbwahrheiten. Wir versuchen ganz offen und transparent darzustellen, was ist jetzt wirklich schon möglich, wo es sich noch um Zukunftsmusik handelt und was gar nicht mehr gemacht wird. Jeder, der jetzt anfängt sich damit zu beschäftigen, ist bei den Pionieren dabei.
Wofür steht der Begriff BIM aus eurer Sicht?
GD: BIM ist primär eine Methodik, die alle am Projekt Beteiligten miteinander vernetzt. Grafisch gestützt durch das zugrundeliegende 3D-Modell befinden sich alle jederzeit auf dem gleichen Wissensstand. Die Single Source of Truth, jedoch mit der Option jederzeit die spezifische Fachbrille aufzusetzen, um sich zu fokussieren. Der Bauherr möchte beispielsweise bereits in den frühen Phasen die Kosten kennen, damit er seine Finanzierung nochmal prüfen oder gegebenenfalls nachjustieren kann. Der Projektsteuerer hält die Terminpläne grob fest. Die Fachingenieure können wissentliche Probleme bereits im Vorfeld mit den Architekten besprechen. All diese Grobkonzepte können mit Hilfe von BIM frühzeitig gesammelt und verständlich dargestellt werden. War denn die Planungsleistung früher schlecht? Nein, aber ich möchte auf wirklich alle Informationen in den Modellen zugreifen, nicht nur auf einen kleinen Auszug dessen, was im Plan beschriftet wurde. Und diese Informationen aus der Planung in den Betrieb, aus dem Betrieb in die Umbauphasen übertragen, und und und.
KG: Bei einem aktuellen Projekt, das ich begleite, findet der gesamte Schriftverkehr bzgl. Planungsabstimmungen am Modell statt. Es gibt keine E-Mails mehr, die unbeachtet bleiben. Jeder erhält Zugriff auf alle Informationen im Modell. Jeder sieht, woran jemand gerade arbeitet und wie weit der Fortschritt ist. Es ist alles dokumentiert. Das ist ein super Arbeitsablauf und es ist die volle Transparenz gegeben.
Welche Rolle übernehmt ihr als externe Berater in diesem Prozess?
GD: Einerseits schulen wir Ingenieurbüros und Architekten in neuer Software, im Workflow-Management und unterstützen unsere Kunden als erster Ansprechpartner in der Planung laufender BIM-Projekte. Zu einem Großteil übernehmen wir alles, was mit den Funktionen BIM-Gesamtkoordinator und BIM-Manager in Verbindung steht. Gleichzeitig beraten wir unsere Kunden auch schon vor der Auftragsvergabe und übernehmen die Ausschreibungsprüfung auf Planer- oder Architektenseite. Viele Anforderungen hinsichtlich der Geometrie Level of Detail (LoD) oder der Informationstiefe Level of Information (LoI) sind standardmäßig nicht in der HOAI abgedeckt. Hier möchten wir im Vorfeld Missverständnis aufdecken bzw. gar nicht erst entstehen lassen. Darüber hinaus bieten wir Eigenentwicklungen für bestimmte Programme und erleichtern so gewisse Arbeitsschritte. Beispielsweise das Exportieren von Plänen, oder die Hinterlegung eines Anlagenkennzeichenschlüssels (AKS). Diese Skripte ersetzen viele einzelne Klicks für den Anwender. So spart man als Unternehmen ganz schnell mehrere hundert Mannstunden.
Eine Vision, die ihr mit unserer Vision bei Alasco teil. Die Automatisierung vieler manueller Prozesse und die Abbildung von Arbeitsschritten in Workflows, sodass dem Anwender mehr Zeit bleibt für wichtigere Dinge.
GD: Ja. Die Ressource Mensch ist für uns die wichtigste, die wir haben. Durch BIM wird deutlich, was früher nicht ideal gelaufen ist und wo Potenziale optimiert werden können.
Wie profitiert die Projektsteuerung eurer Ansicht nach von den Vorteilen von BIM?
KG: Gehen wir in die Planungsphase: Die Termin- und das Kostencontrolling durch die Projektsteuerung werden durch die Darstellung des Planungsfortschritts und aller verknüpften Informationen im Modell deutlich erleichtert. In früheren 2D-Plänen haben viele Angaben gefehlt, beispielsweise Höhenangaben oder Dimensionen. So ließen sich die Pläne qualitativ als auch quantitativ nicht richtig prüfen. Jetzt ist alles im 3D-Modell festgehalten. Da habe ich als Projektsteuerer oder Controller die Möglichkeit, die Planung genau zu überprüfen. Verfolgt man den Fortschritt im Modell erkennt man frühzeitig, wenn es beispielsweise zum Terminverzug kommt.
GD: Das ermöglicht frühzeitiges Gegensteuern.
Diese Transparenz ermöglicht, dass man viel vorausschauender agiert. Wird das bei den Projekten, die ihr betreut, aktuell auch schon so genutzt?
GD: Leider nicht bei allen. Es kommt darauf an, was der Bauherr möchte. Oder haben die Planer intern das Ziel ausgesprochen, die Kosten oder die Massen aus dem Modell herauszuholen? Werden die Vorkehrungen hierfür getroffen, hat man als Projektsteuerer, als Planer, als Bauherr mit einem Klick genau die Informationen, die man benötigt.
KG: Ebenfalls die Nachverfolgung von Änderungen und deren Auswirkungen auf die Kosten wird durch BIM erleichtert. Für den Projektsteuerer ist es dadurch einfacher herauszufinden, handelt es sich bei einer Änderung um eine Planungsanpassung, um einen Planungsfehler oder um einen Bauherrnwunsch.
Was braucht es, damit die BIM-Methodik in noch mehr Projekten Anwendung findet?
GD: Es braucht den externen Druck. Die Bauherrn müssen wissen, was sie fordern und das auch ausschreiben. Ich bin großer Verfechter der Leistungsphase 0. Die Phase 0 vor Design und Modellierung. In dieser frühen Phase muss zunächst die Definition der Spielregeln erfolgen. Das gesamte Projektteam muss definiert sein. Es muss klar geregelt sein, wer welche Rolle einnimmt, bevor jemand anfängt ein Modell aufzusetzen. Und wenn von Bauherrnseite mehr gefordert wird, wird die Umstellung bei den Auftragnehmern noch schneller erfolgen. Gleichzeitig muss sich auch der Bauherr in einer deutlich früheren Phase viel konkreter commiten.
Kommen wir zurück auf das Thema Spielregeln. Wie gelingt es euch, die Kommunikation zu fördern in solchen Umbruchsituationen für die jeweiligen Projektteams?
GD: Ganz viel passiert im persönlichen Gespräch. In unseren Workshops legen wir viel Wert darauf, das Warum zu erläutern. Manchmal werfe ich die Frage ein, was müsstet ihr denn tun, damit das Projekt maßgeblich scheitert? Termine reißen, Kosten werden überzogen, Fehlplanung, Berechnung werden nicht abgegeben, Berichte nicht geschrieben. Und dann stellt man die Frage, was muss eigentlich passieren, damit das Projekt super läuft? Man merkt richtig, wie man so den Stein ins Rollen bringt.
Ihnen wird also der Spiegel vorgehalten.
GD: Wie viele Projekte hast du im Kopf, wo du dir jetzt rückwirkend dieses System wünschen würdest, Karla?
KG: Definitiv alle. Auch im Controlling.
Wo stehen wir in fünf Jahren mit BIM?
GD: Ich habe den Wunsch, dass man dann auch wirklich BIM macht statt nur darüber zu Reden und endlich ins Tun zu kommt. diese Erwartungshaltung „Wir brauchen einen roten Faden BIM in Deutschland“ muss aufhören! Den wird es nicht geben. Es wird mit Sicherheit viele Standards geben, aber nicht den einen Standard. Unsere Individualität darf erhalten bleiben. Wir werden uns in ein paar Jahren nicht mehr maßgeblich um das Thema Modellierung bemühen, das erledigt die Cloud. Aber ich muss mich um die 15 oder 20 Prozent kümmern, die nicht automatisiert gelöst werden können. Dafür brauche ich die Fachingenieure und die Spezialisten.
Welche Trends werden eurer Ansicht nach neben BIM zukünftig für die Bau- und Immobilienbranche eine große Rolle spielen?
KG: Ich denke beispielsweise an die Dokumentation. Inzwischen lässt sich der Baufortschritt mit Unterstützung von Punktewolken dokumentierten. Mithilfe eines Scanners werden alle Elemente in Punktewolken erfasst und dann ins Modell eingespielt. Ein Algorithmus vergleicht Ist-Daten und Modelldaten und prüft, ob alles auch wie geplant montiert wurde. Daran lässt sich wiederum auch die Kostenprüfung und -abrechnung anschließen.
GD: Ich bin der Meinung, dass das Thema Augmented Reality (AR) auf den Baustellen Einzug halten wird. Insbesondere mit Blick auf den Soll-Ist-Abgleich, um den Baufortschritt zu tracken. Das Thema Vorfertigung wird sehr spannend werden. Auch Drohnen die aktuell schon Baustellen befliegen und gleichen dann auf Punktwolken und Fotobasis den Baufortschritt mit dem Modelldaten ab. Ich muss keinen Bauleiter mehr hinschicken. Das kann man alles modellbasiert lösen, um die Ressource Mensch zu schonen und sich auf die Themen zu fokussieren, die noch nicht algorithmisch gelöst werden können.
Das Thema Verantwortung wird dabei eine große Rolle spielen.
GD: Ich muss zu dem stehen, was ich tue oder sage. Das heißt nicht, dass keine Fehler mehr erlaubt sind.
KG: Letztlich ist es immer noch der Mensch, der den Willen braucht, um damit zu arbeiten.
GD: Das Thema Kommunikation ist eine der größten Herausforderungen. Die technischen Lösungen sind bereits alle da. Aber der Mensch steht sich beim technischen Fortschritt selbst im Weg. Der Mensch ist der entscheidende Faktor.
BIM ist für Georg Däumling und sein Team mehr als eine Methodik – es ist ihre Philosophie. Im Laufe seiner Karriere und den verschiedenen Zwischenstationen seines beruflichen Werdegangs trieb Georg Däumling immer die Idee an, dass sich im Bereich der Digitalisierung und der digitalen Zusammenarbeit vieles in der Branche verbessern muss. Die BIM-Methode fest in die Arbeitsabläufe von kleinen und mittelständischen Unternehmen zu implementieren und diese dabei zu unterstützen, digitale Neuerungen in eigenen Standards zu definieren, ist seitdem die klare Zielvorgabe.
Jedes Projekt ist eine neue Herausforderung und wird mit größter Sorgfalt und Kompetenz des wachsenden Teams unter Berücksichtigung der Kundenwünsche analysiert, geplant und betreut. Durch die Einführung und Weiterentwicklung allgemein gültiger Standards sorgt das crossfunktionale Team der DGTIES GmbH für eine maximaler Minimierung aller kostenintensiver Risiken und schafft optimale Voraussetzungen für den Betrieb des jeweiligen Projekts.
Georg Däumling ist seit 2013 selbstständig und seit 2017 General Manager der Dcon GmbH, jetzt DGTIES GmbH.
Als Projektleiterin und BIM Consultant verantwortet Karla Gagesch bei DGTIES u.a. die Planung und Modellierung in Revit.