Vom beliebten Vertriebs-Buzzword zur zentralen Kenngröße bei der Immobilieninvestition – die steile Karriere des Themas Nachhaltigkeit hat mit den ESG-Regularien des EU-Aktionsplans für die Finanzierung nachhaltigen Wachstums einen weiteren Schub erhalten. Neben den traditionellen Kenngrößen Rendite und Risiko, haben sich die ESG-Kriterien eine entscheidende Rolle als Investitionskriterium erkämpft. Das bestätigt laut DIFI-Report auch die Mehrheit der befragten Finanzierungsexperten: Für fast zwei Drittel haben ESG-Kriterien einen mittleren bis starken Einfluss auf Immobilieninvestitionen. Wie wirken sich die Regularien jedoch konkret auf Investitionen in der Bauindustrie aus? Und was müssen Sie zukünftig beachten, um als Projektentwickler Investoren für Ihre Projekte zu gewinnen?

Investoren sind betroffen, Projektentwickler zwangsläufig auch.
Welche ökologischen, sozialen und Corporate-Governance-Kriterien (ESG-Kriterien) müssen nachhaltige Fonds erfüllen? Bisher gab es dafür noch keine einheitliche Definition. Das standardisierte Klassifizierungssystem der EU soll das ändern und fokussiert sich vor allem auf ökologische Aspekte – dem E in ESG. Die konkreten Ziele: Die CO2-Emissionen um mindestens 80 Prozent sowie den Endenergieverbrauch um 50 Prozent bis 2050 senken.
Neben dem enormen Druck der eigenen Stakeholder sowie der Öffentlichkeit – angespornt von der Friday-for-Future-Bewegung – kommen jetzt also noch die ESG-Regularien dazu. Regularien, die Investoren dazu bringen, ihr Geld konform der ESG-Kriterien anzulegen. Und auch das Interesse privater Investoren an nachhaltigen Immobilien steigt enorm. Sowohl private als auch institutionelle Investoren sind somit die treibende Kraft des Wandels.
Aber auch wenn Investoren von den Regularien am stärksten betroffen sind, leisten sie keinen operativen Beitrag, um diese Ziele zu erreichen. Diesen müssen vor allem Projektentwickler und Bauträger leisten, denn ohne nachhaltige Immobilienprojekte keine nachhaltigen Immobilienfonds. Und in der Konsequenz für Bauträger: Ohne nachhaltige Immobilienprojekte zukünftig keine Investoren.

Was “nachhaltig” für die EU bedeutet.
Ab wann gelten Ihre Immobilien als nachhaltig? Um Investoren für sich zu gewinnen, müssen Ihre nachhaltigen Immobilien zukünftig festgelegten Kriterien standhalten. Dafür hat die EU sechs ökologische Ziele festgelegt, die vor allem auf die Immobilienbranche aufgrund ihres hohen Energieverbrauchs und der starken Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen einen großen Einfluss haben:
Nachhaltig ist demnach eine Immobilie, die mindestens zu einem der ökologischen Ziele einen substanziellen Beitrag leistet und keines der anderen Ziele schädigt. Wenn Sie bei der Projektplanung und Bauweise beispielsweise den möglichen Meeresspiegelanstieg von drei Metern berücksichtigen, recyclebare Baumaterialien verwenden und erneuerbare Energien in den Gebäuden produzieren, gilt Ihre Immobilie als nachhaltig.
Wie Sie Investoren nachhaltig für sich gewinnen.
Wie wird die Nachhaltigkeit Ihrer Immobilien von den Investoren beurteilt? Sowohl Rating-Ergebnisse wie beispielsweise dem GRESB-Standard als auch Gebäudezertifizierungen erleichtern es Investoren, “grüne” Portfolios und ESG-Leistungen von Bauunternehmen miteinander zu vergleichen. Aber auch Social- und Governance-Strategien werden laut der Nachhaltigkeits- und ESG-Expertin Viola Raddatz – das gesamte Interview gibt es hier – für Investoren immer bedeutsamer. Es ist also sinnvoll, wenn Sie sich frühzeitig und ganzheitlich mit dem ESG-Thema auseinandersetzen, in Ihre Unternehmensstrategie integrieren und in konkrete Maßnahmen übersetzen.
Ignorieren ist keine Alternative.
Spätestens mit den ESG-Regularien, die für die Immobilienbranche ab März 2021 in Kraft treten, führt kein Weg mehr daran vorbei: Sie müssen das Thema ESG in Ihre Prozesse einbeziehen. Das führt zwar erstmal zu einem Mehraufwand, zahlt jedoch auf lange Sicht auf Ihre gesetzten Renditeziele ein. Denn positive ESG-Kriterien werden in Zukunft ein zentraler Investment-Parameter sein. Ein negativer Ausweis könnte hingegen Immobilien abwerten oder sogar – wie bereits in anderen Ländern gesetzlich festgesetzt – zu Sanktionen führen. Sanktionen, die dann tatsächlich Ihre Renditeziele gefährden. Ignorieren ist deshalb keine Alternative.
* Darstellung in Anlehnung an die Betroffenheit- / Beitrags-Matrix von Deloitte aus folgendem Beitrag: ESG in der Immobilienwirtschaft – Was bedeutet die EU Regulatorik für die Immobilienakteure?
* Darstellung in Anlehnung an Abbildung von Assiduus aus folgendem Beitrag: Verantwortungsvoll Immobilien entwicklen, nachhaltig investieren